Sven Väth In The Mix – The Sound Of The 20th Season
Cocoon Recordings
– Veröffentlichung 22. November 2019 –
Bereits in den 70er Jahren entwickelte sich Ibiza zu einer internationalen Party-Destination. Dass die drittgrößte Insel der Balearen heute das ist, was sie ist – nämlich die weltweit anerkannte Benchmark für Star-DJs schlechthin –, diese Geschichte lässt sich nicht erzählen, ohne von Sven Väth zu sprechen. Mehr als jeder andere stand er in Deutschland schon in den frühen 80ern für die Idee, dass DJ zu sein mehr noch als ein Beruf eine Berufung, ein Lebensinhalt sein kann: ein Magier des Dancefloors, ein Schamane, der die Crowd beschwört. Als Resident im ’Dorian Gray’, dem legendären, nach dem Vorbild des New Yorker ’Studio 54’ gestalteten Club im Frankfurter Flughafen prägte er das Bild des DJs hierzulande wie kein anderer. Noch einflussreicher waren seine Sendungen in der hr3 Clubnight: Ohne die Radioshows, die Väth zwischen 1990 und 2004 dort produzierte, wäre die Saat von Techno in Deutschland niemals in solchem Ausmaß aufgegangen. Mit seinem ersten Club „Omen“ schrieb Sven über 10 Jahre hinweg bereits Technogeschichte, inspiriert von seinen ’Cocoon Ibiza’ Veranstaltungen auf der Partyinsel schlechthin, setzte der „Babba“, wie Väth seit einer gefühlten Ewigkeit in der Szene so liebe- wie respektvoll genannt wird, folgend mit dem Frankfurter ’CocoonClub’ neue Maßstäbe in der internationalen Clubkultur. Pionier, Visionär, Botschafter, Identifikationsfigur, DJ, Labelbetreiber, Clubbesitzer, Impressario – in den vier Jahrzehnten seiner Karriere hat Väth viele Facetten entwickelt und ist sich doch immer treu geblieben.
Dass alle Welt Berliner Musiktempel dieser Spielart, wie einstmals den ’Tresor’ und heute etwa das ’Watergate’, als Inbegriff der Partykultur abfeiert, ist nicht zuletzt Väths Verdienst. Wie kein anderer hat Väth der Landschaft der elektronischen Musik ein Gesicht gegeben – immer wieder ein neues und doch unverkennbar das seine.
Mit „Sound of the 20th Season“ präsentiert er die Krönung seiner zweiten Dekade auf der „Weißen Insel”. New Jacksons „Night Mail“ saugt einen sofort ins Geschehen ein – kein Zweifel, Widerstand zwecklos, gerade weil man kaum verstehen kann, worüber die verzerrte Stimme singt, ist der Titelsong von David Kitts Debüt-EP ein perfekter Opener. Obwohl ganze acht Jahre dazwischen liegen, fügt sich Joseph Ashworths im Frühjahr 2019 erschienenes „Trooper“ als instrumentale Fortsetzung der offenen, spannungsgeladenen Atmosphäre nahtlos in den Mix. Mit Joe Metzenmachers „What’s the secret word for tonight” im grandiosen Arian 911-Remix nimmt Väth den vokalen Faden wieder auf, nur um dann via Dorisburgs „Internet Tension“ in minimalere Gefilde einzutauchen. Beeindruckend, wie er hier alle strategischen Überlegungen und Konzessionen – Sollte jetzt mal ein Hit kommen? Muss ich noch diesen oder jenen featuren? – beiseite schiebt und dem angesteuerten Vibe unterordnet. Stattdessen treibt er mit Isolées Remix von Amberooms „Jazire“ die sinistre Stimmung tiefer in die Nacht hinein. Wie die Zahnräder eines mechanischen Uhrwerks greifen die perkussiven Elemente von Charlotte Bendiks’ „Pasco“ in dieses ungeheuer kohärente Arrangement. Mit Stimmings „The gift that never stops to give” greift Väth hier erstmals auf eine bei Cocoon veröffentlichte Produktion zurück – die luftig klingenden, kurzen String-Schnipsel, gepaart mit klöppelnden und akustischen Sounds, sind aktuell auf der „Cocoon S“-Compilation erschienen und lassen einen Moment des Durchatmens entstehen. Ricardo Tobars „Nadivi“ bringt mit Anklängen an den Throbbing-Gristle-Klassiker „Hot On The Heels Of Love“ die beunruhigende Spannung zurück. In „Glowworms“ von Aleksandar Grozdanovski alias Herzel greift Väth die von Distortion-Effekten geprägte Soundästhetik, die den Beginn des Mixes prägt, wieder auf, gleichzeitig nimmt der Groove eine zunehmend insistierende Haltung ein. Mit Mano Le Toughs Remix von Erol Alkans „Spectrum” kommen eine Moroder-Bass-Sequenz und metallische Glockentöne ins Spiel – ein Disco-Faden, den Adam Port in seiner Bearbeitung des Songs „Underwater“ der australischen Dancefloorband Rüfüs du Sol weiterspinnt, wobei Port der an Sting erinnernden Stimme von Tyrone Lindqvist einen Electro-Twist unterlegt. Als Finale droppt Väth Zoo Brazils „Maxwell“, mit dessen Vocal-Loop er unter anderem im Garten des ’DC 10’ für einen der bleibenden Momente der Saison gesorgt hat.
Mit dem orientalischen Flair von Innelleas „Anailuj“ gestaltet Väth den Auftakt für den zweiten Mix, bevor das trible Drumming in Rebukes „Jump Ship“ signalisiert: Leinen los! Eine Disco-Bassline im Adana Twins-Remix von Patrice Bäumels „Roar“ sorgt für den nötigen Schwung – das Set nimmt weiter Fahrt auf. Mit Justin Cudmores Bearbeitung von Joshua James „Coarse“ verleiht Väth dem Turn eine deepe, trippige Wendung, bevor er in Gestalt von Josh Winks „Aries in Mars“ endgültig Kurs auf Acid nimmt. Ein weiterer alter Held kommt an Bord: Mit Robert Hoods „Reflector“ lässt Väth die besten Tage von Minimal Techno wiederaufleben. Peitschende metallische Beats treiben die flotte Fahrt voran: Der Dub von Pig & Dans „Reset your Bassline“ bläht die Segel. Mit Florian Holleriths „KURZVOR12“ kommt nochmals die aktuelle „Cocoon S“-Compilation voll zum Tragen.
Ausgesprochen suggestiv wirken dann die nervösen Staccato-Sounds in RODs „Cambodia“. Mit Psyks „A Moment Before“ wirft Väth klassisches Tresor-Material in den Mix und lässt Luke Slaters Remix von David Averys „Diminuendo“ folgen, was die Industrial-Techno-Atmo noch verstärkt. Mit Inigo Kennedys verhaltenerem Detroit-Track „2C3D2“ fährt Väth die Kerntemperatur zunächst etwas herunter, allerdings nur, um den Boden für Legowelts „Disco Rout“, die große Electro-Hymne von 2002, im erstaunlichen, im Frühjahr auf Cocoon erschienenen „Younger Rebinds 2“-Remix zu bereiten, einem weiteren Alias von Benny Rodrigues aka ROD. Bereits Anfang des Jahrtausends war es Väth, der diesem zeitlosen Tune, der auch für Danny Wolfers den endgültigen Durchbruch markierte, von den Lesern der GROOVE zum Track des Jahres 2002 gewählt wurde und hier den Höhe- und Schlusspunkt setzt, die verdiente Aufmerksamkeit verschaffte.
Spezielle Verpackung: 2xCD DIGIPAK MIT HOCHWERTIGER LENTIKULAR-FRONTSEITE
Tracklist CD1:
(01) New Jackson – The night mail
(02) Joseph Ashworth – Trooper
(03) Joe Metzenmacher – Whats the secret word for tonight (Arian 911 Remix)
(04) Dorisburg – Internet tension
(05) Amberoom – Jazire (Isolée Remix)
(06) Charlotte Bendiks – Pasco
(07) Stimming – The gift that never stops to give
(08) Ricardo Tobar – Nadivi
(09) Herzel – Glowworms
(10) Erol Alkan – Spectrum (Mano Le Tough Remix)
(11) Rüfüs du Sol – Underwater (Adam Port Remix)
(12) Zoo Brazil – Maxwell
Tracklist CD2:
(01) Innellea – Anailuj
(02) Rebuke – Jump Ship
(03) Patrice Bäumel – Roar (Adana Twins Remix)
(04) Joshua James – Coarse (Justin Cudmore Remix)
(05) Josh Wink – Aries in Mars
(06) Robert Hood – Reflector (DEQ201901960)
(07) Pig & Dan – Reset your Bassline (Dub)
(08) Florian Hollerith – KURZVOR12
(09) ROD – Cambodia
(10) PSYK – A Moment before
(11) Daniel Avery – Diminuendo (Luke Slater Remix)
(12) Inigo Kennedy – 2C3D2
(13) Legowelt – Disco Rout (Younger Rebinds Remix 2)